Der richtige Zeitpunkt für den Wechsel von der Wachstums- in die Blütephase

Wenn eine Cannabispflanze ihr volles Potenzial entfalten soll, gibt es einen Moment im Grow, der mehr Einfluss hat als fast jede andere Entscheidung: der Übergang von der Wachstums- in die Blütephase. Viele Anfänger wissen zwar, dass dieser Wechsel irgendwann stattfinden muss, sind sich aber unsicher, wann genau der richtige Zeitpunkt gekommen ist und welche Faktoren ihn bestimmen. Dieser Leitfaden erklärt die biologische Grundlage, räumt mit typischen Missverständnissen auf und zeigt dir, wie du den optimalen Umstellungszeitpunkt erkennst, egal ob du indoor oder outdoor anbaust.

Wie die Pflanze den Übergang wahrnimmt

Bevor du entscheidest, wann du deine Pflanzen in die Blüte schickst, solltest du verstehen, warum sie überhaupt blühen. Cannabis ist eine photoperiodische Pflanze. Das bedeutet, dass sie ihre Wachstumsphase beendet und Blüten bildet, sobald die Tage kürzer werden. Indoor simuliert man dies durch einen Lichtzyklus von zwölf Stunden Licht und zwölf Stunden Dunkelheit. Outdoor übernimmt die Natur denselben Job, sobald sich der Sommer dem Ende zuneigt.

Autoflowering Sorten bilden die Ausnahme. Sie reagieren nicht auf die Tageslänge, sondern auf ihr Alter und wechseln selbstständig in die Blüte. Der Mechanismus stammt aus Ruderalis-Genen und ist in Regionen entstanden, in denen der Sommer kurz und abrupt ist.

Die Rolle der Genetik

Jede Genetik verhält sich beim Übergang etwas anders. Das solltest du berücksichtigen, bevor du entscheidest, wie lang die Wachstumsphase dauert.

Indica-Genetik

Indicas wachsen kompakt, entwickeln sich schnell und sind oft früh bereit für die Blüte. Sie eignen sich gut für Growzelte mit begrenzter Höhe oder für Grower, die mehrere Durchläufe pro Jahr planen.

Sativa-Genetik

Sativas sind ausdauernder, wachsen höher und strecken sich nach der Umstellung teils stark. Daher brauchen sie etwas längere Wachstumszeit für Struktur und späteren Ertrag, aber nicht zu lang, sonst sprengen sie schnell den verfügbaren Raum.

Autoflowers

Da sie automatisch blühen, musst du nie auf 12/12 umstellen. Weil die Zeitfenster zur Erholung kurz sind, sind High-Stress-Techniken wie Topping oder Supercropping meist ungeeignet.

Wann ist der richtige Zeitpunkt für 12/12?

Es gibt keinen universellen Tag, der für alle Sorten gilt. Der optimale Zeitpunkt hängt von mehreren Faktoren ab, die du in Kombination betrachten solltest.

1. Die Größe der Pflanzen

Der beste Zeitpunkt ist erreicht, wenn deine Pflanzen etwa die Hälfte ihrer gewünschten Endhöhe erreicht haben.

• Indicas strecken sich nach der Umstellung oft um 40 bis 80 Prozent.
• Sativas können zwischen 150 und 300 Prozent zulegen.

Wenn du 100 cm Endhöhe anstrebst, schicke Indicas bei etwa 50 bis 60 cm und Sativas bei 30 bis 40 cm in die Blüte.

2. Anzahl der Nodien

Ein guter biologischer Mindestwert liegt bei vier bis sechs Nodien. Pflanzen mit dieser Struktur sind alt genug, um stabil zu blühen, und jung genug, um kräftig zu wachsen.

3. Erholungszeit nach Training

Trainingstechniken beeinflussen den Umstellungszeitpunkt erheblich.

• Low-Stress-Training kann flexibel erfolgen und erlaubt einen früheren Wechsel.
• High-Stress-Methoden wie Topping, Fimming oder Supercropping erfordern mindestens zehn bis vierzehn Tage Erholung.

Zu frühes Umschalten nach High-Stress-Training kostet Ertrag, weil die Pflanze erst regenerieren muss.

4. Anforderungen an Geschwindigkeit oder Diskretion

Wenn Zeit oder Sichtbarkeit wichtig sind, stelle früher um oder setze auf kompakte, schnell blühende Sorten. Schnelle Indicas oder moderne Autoflowers eignen sich gut für diskrete Balkonanbauten oder begrenzte Räume.

5. Verfügbarer Platz

Warte nicht, bis der Raum voll ist. Sobald die Fläche zu 70 bis 80 Prozent gefüllt ist, solltest du umschalten. So sicherst du Luftzirkulation, Lichtverteilung und reduzierst Schimmelrisiken.

Vorbereitung auf den Wechsel

Der Übergang gelingt am besten, wenn deine Pflanzen stabil, gesund und optimal versorgt sind. Eine gute Vorbereitung macht die Blütephase einfacher und erhöht den Ertrag deutlich.

Beleuchtung anpassen

Der Lichtzyklus wechselt von 18/6 oder 20/4 auf 12/12. Ebenso wichtig ist das Lichtspektrum. LEDs bieten oft getrennte Modi für Wachstum und Blüte. Zur Blüte sollte der Rotanteil steigen. Bei HID-Leuchten wechselst du von Halogen-Metalldampf für Wachstum auf Natriumdampf für Blüte.

Nährstoffe richtig umstellen

In der Blüte sinkt der Bedarf an Stickstoff, während Phosphor und Kalium wichtiger werden. Typische Verhältnisse:

• Wachstum: 3:1:1
• Frühe Blüte: 1:3:2
• Späte Blüte: 0:3:3

Zu viel Stickstoff führt leicht zu Nährstoffbrand, während Mangel an P und K zu kleinen, lockeren Blüten führt.

Feuchtigkeitskontrolle

Mit Beginn der Blüte sollte die Luftfeuchtigkeit sinken. Ein gutes Belüftungssystem, oszillierende Ventilatoren und ein Hygrometer sind essenziell, um Schimmel zu vermeiden.

Stretch unter Kontrolle halten

Der typische Blüte-Stretch dauert etwa zwei Wochen. Du beeinflusst ihn durch moderates Entlauben, korrektes Licht und gleichmäßiges Training. Warte nicht, bis die Pflanzen zu hoch gewachsen sind.

Häufige Fehler beim Umstellen auf 12/12

Zu frühes Umschalten

Pflanzen mit zu wenigen Nodien oder schwacher Struktur bilden oft luftige Blüten und liefern insgesamt weniger.

Zu spätes Umschalten

Zu große Pflanzen kollidieren im Stretch mit dem Licht. Das führt zu Hitzeproblemen, Schattenzonen und Qualitätsverlust.

Falsche Lichtpositionierung

LEDs dürfen näher hängen als HID-Leuchten, brauchen aber Abstand für gleichmäßige Verteilung. Zu viel Licht bleicht aus, zu wenig Licht führt zu fluffigen Blüten.

Falsches Nährstoffverhältnis

Häufigster Anfängerfehler ist zu viel Stickstoff. Das blockiert Blühprozesse und bremst die Blütenentwicklung.

Was tun, wenn die Pflanzen nicht reagieren?

Wenn Pflanzen trotz 12/12 nicht blühen, prüfe zuerst die Rahmenbedingungen:

• Ist die Dunkelphase wirklich lichtdicht?
• Hältst du den Lichtzyklus konsequent ein?
• Sind die Pflanzen gesund genug, um zu reagieren?
• Ist es vielleicht eine Autoflower, die ohnehin unabhängig blüht?

Ein natürlicher Abschluss: Das Wichtigste zum Mitnehmen

Der Übergang von der Wachstums- in die Blütephase prägt den gesamten Grow. Wer versteht, wie Pflanzen auf Licht, Platz, Training und Versorgung reagieren, bestimmt präzise, wie sie sich in der Blüte entwickeln. Beobachte deine Pflanzen, plane Erholungszeit ein und schalte lieber etwas früher als zu spät um. Mit guter Vorbereitung belohnen dich gesunde, kompakte Blüten und eine entspannte Blütephase.

FAQ

Wann ist der früheste sinnvolle Zeitpunkt für 12/12?

Sobald die Pflanzen vier bis sechs Nodien besitzen und stabil wachsen. Früheres Umschalten kostet Ertrag.

Woran erkenne ich die Umstellungsreife?

Gesunde Blätter, mehrere Nodien, stabile Struktur und aktive Seitentriebe sind gute Hinweise.

Wie lange dauert der Stretch nach der Umstellung?

Meist etwa zwei Wochen. Sativas strecken sich deutlich stärker als Indicas.

Kann ich während der Blüte entlauben?

Ja, moderat und gezielt. Entferne Blätter, die Licht blockieren oder zu dicht stehen. Nicht übertreiben.

Outdoor: Wann beginnt die Blüte natürlich?

Wenn die Tageslichtstunden im Spätsommer unter ungefähr zwölf Stunden fallen. In Mitteleuropa meist im August.